Hoffnung für den Klima­schutz

erschienen in den HTW-News am 14.12.2015.

Problem Braunkohle Nachdem am Wochen­ende der Weltklimagipfel in Paris zu Ende gegangen ist, haben wir den Energie­experten Prof. Dr. Volker Quaschning zur Energiewende und Klima­schutz­politik in Deutschland befragt. Prof. Dr. Volker Quaschning lehrt und forscht an der HTW Berlin seit vielen Jahren zu Fragen der nachhal­tigen und klima­gerechten Energie­versorgung. Hier betreut er beispiels­weise Projekte, in denen Photovoltaik­systeme entwickelt und soptimiert werden.

Professor Quaschning, wie bewerten Sie das Klimaschutzabkommen, das jetzt in Paris beschlossen wurde?

Der Klimawandel bedroht radikal die Lebensgrundlagen unserer Kinder und lässt sich nur durch Beteiligung aller Nationen der Erde wirksam bekämpfen. Daher ist es erfreulich, dass nach jahrzehntelangem Ringen endlich ein internationales Abkommen zustande gekommen ist. Das Abkommen beruht allerdings auf freiwilligen Selbstverpflichtungen. Diese reichen für einen wirksamen Klimaschutz noch lange nicht aus. Aber das Abkommen wird kontinuierlich Druck auf alle Länder erzeugen, ihre Bemühungen zum Klimaschutz zu verstärken. Und das lässt hoffen.

Welches Signal sendet das Klima-Abkommen speziell an Deutschland?

Obwohl Deutschland seine selbst gesteckten Treibhausgas-Reduktionsziele für das Jahr 2020 mit den bislang geplanten Maßnahmen nicht erreichen kann, wurde der Ausbau der Photovoltaik radikal reduziert. Im nächsten Jahr ist zudem eine Drosselung des Ausbaus der Windkraft geplant, um das Weiterbestehen der Kohlekraft in Deutschland zu sichern. Jetzt liegt die Messlatte durch das Klima-Abkommen allerdings deutlich höher. Es bleibt abzuwarten, ob die Regierung ihre Anstrengungen beim Klimaschutz nun endlich verstärkt und offene Fragen wie die des Kohleausstiegs oder der Einführung der Elektromobilität engagiert angeht oder weiter bei der Energiewende auf die Bremse steigt.

Die Bundesrepublik bezieht 40 Prozent ihres Stroms aus Kohle und Elektroautos sind nach wie vor eher die Ausnahme auf den Straßen. Wie realistisch ist es, in 35 Jahren komplett aus der Kohle auszusteigen und Autos ohne Öl fahren zu lassen?

Werfen wir doch einfach mal einen Blick auf die Telekommunikationsbranche: Vor 10 Jahren war Smartphone noch ein Fremdwort. Heute besitzt fast jeder eines. Es kann also gelingen, innerhalb von 10 Jahren eine neue Technologie flächendeckend einzuführen. Warum sollte das nicht auch bei der Energieversorgung oder der Elektromobilität funktionieren? Technisch und ökonomisch wäre das problemlos möglich. Es ist nur eine Frage des Wollens und des Engagements. Wenn es nicht nur bei leeren Bekenntnissen zum Klimaschutz bleibt, ist das sicher nicht nur reines Wunschdenken.

Die Bundesregierung hat 2011 den Ausstieg aus der Atomkraft bis zum Jahr 2022 beschlossen, nun also der Ausstieg aus der Kohle. Kritiker fürchten, dass uns bei Windstille und verhangenem Himmel die Energie ausgeht. Zu Recht?

In Deutschland werden wir künftig unsere Energieversorgung im Wesentlichen mit Solarenergie und Windkraft decken. Um deren Schwankungen auszugleichen, müssen auch Speicher schnell und umfangreich ausgebaut werden. Dann ist eine sichere Energieversorgung problemlos realisierbar. Aus diesem Grund forschen wir auch an der HTW Berlin intensiv an der Optimierung von Solarstromspeichern.

Deutschland ist ein Industrieland mit hohem Energiebedarf für die Produktion von weltweit gefragten Maschinen, Autos und Konsumgütern aller Art. Aus Sicht der Produzenten dieser Güter würde ein Umsteigen auf den Strom aus teureren alternativen Energien auch die Produkte verteuern und Wettbewerbsnachteile bis hin zum Verlust zehntausender Arbeitsplätze bedeuten. Was antworten Sie denen?

Das Schreckgespenst des Arbeitsplatzabbaus wird seit Jahren an die Wand gemalt. Trotz oder vielleicht auch wegen des starken Ausbaus erneuerbarer Energien steht Deutschland wirtschaftlich besser da als je zuvor. Die Kosten für Solarstrom sind in den letzten Jahren zudem drastisch gefallen. Strom aus neuen Solar- und Windkraftanlagen ist nicht mehr teuer als Strom aus neuen Kohlekraftwerken und deutlich billiger als Strom aus neuen Atomkraftwerken. Nur alte, abgeschriebene Kohle- und Atomkraftwerke bieten vermeintliche Kostenvorteile, wenn Folgekosten wie Klima- und Gesundheitsschäden oder die Endlagerung von Atommüll von den Bürgern getragen werden. Gesamtwirtschaftlich ist der Umstieg daher problemlos zu verkraften, selbst wenn energieintensive Betriebe weiterhin stark subventioniert werden. Grüne Technologien werden sich zudem weiter als Exportschlager entwickeln. Der Umstieg wird uns daher wirtschaftlich sogar mehr nutzen als schaden.

Vielen Dank. Das Interview führte Anke Assig.

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